Donnerstag, 18. Juli 2019

HörenSagen



"Mutig sein bedeutet nicht keine Angst zu haben,
sondern es trotzdem (wieder) zu tun."


Heute gab es einen Moment in dem mir so einiges klar geworden ist. Ich stand heute nach einem mehr oder weniger ernsten Gespräch mit meinem Liebsten im Wohnzimmer und weil ich - wenn auch nur so halb im Scherz - an seinen Gefühlen für mich gezweifelt hatte, wollte er mir versichern, dass er mich liebt. Nicht wie sehr. „Nur“ dass er es tatsächlich tut. Er nahm mich in den Arm und als er mich nach einigen Sekunden sanft von sich wegschob und seine Hände auf meinen Oberarmen ruhten, hat er angefangen die drei Worte zu sagen… Die drei, die jede Frau hören will. Am liebsten Auge in Augen, wenn er Dein Gesicht in seinen Händen hält, weil mehr Intimität als genau so kaum mehr möglich ist. Er brach diesen ach so einfachen Satz, „Ich liebe Dich“, Subjekt – Prädikat – Objekt, nach dem „L“ ab, weil ich weg sah. Ich sah nicht nur weg, ich drehte den Kopf, um ihm dabei nicht in die Augen sehen zu müssen… Wieso?
Er sagte, ich solle ihn ansehen und ich kniff die Augen zu und biss mir einen Moment auf die Unterlippe, als würde es mich große Mühe kosten seinem Wunsch nachzukommen. Wieso?
„Guck mich an!“ hat er gesagt… „Wenn Du mich wirklich liebst…“ scherzte er, aber ich tat es darauf hin. Und er nahm seine Hände von meinen Armen, legte sie in mein Gesicht und sagte die drei Worte. Es dauerte nur… eineinhalb Sekunden und dann war es vorbei. Schön war es. So, so schön. Ich kann mich nicht erinnern diesen Moment so schon einmal erlebt zu haben. Meistens war es in diesen Augenblicken dunkel oder mein Gesicht so nah an meinem gegenüber, dass ich den Blick nicht auf die Augen des anderen richten konnte (musste). Oder ich schloss wie so oft die Augen, weil ich wusste was mich erwartete. Wieso? Wollte ich es genießen? Oder ausweichen?
Ich weiß, dass es mir schwer fällt diesen Satz in gleicher, romantischer Art und Weise selbst zu sagen – wieso aber fällt es mir auch so schwer es zu hören? Heute fand ich genau das heraus. Ich selbst habe das nie so akribisch mit Blickkontakt gesagt, weil ich denke dass es sich so anfühlen muss, als würde man seine Seele vor dem anderen in einer Tiefe öffnen, die man nie mehr zurück nehmen kann. Man ist völlig nackt und ich weiß nicht ob ich dieses gottlose Vertrauen jemals zu jemandem aufbauen kann – geschweige denn ob ich das auch wirklich möchte. Verletzlicher als mit / nach/ durch/ in diesem Moment kann man sich nicht machen. Davor hab ich Angst. In diese Situation will ich mich nicht bringen. Und das ist der springende Punkt. Darum fällt es mir nicht nur schwer es zu sagen, sondern es auch zu hören.
Ich weiß es jetzt!
Wenn Dir der Mensch, dem Du Dein Herz geschenkt hast, diese drei Worte (es sind nur Worte und gleichzeitig so um alles in der Welt viel mehr als das!) zu Dir sagt, dann kannst Du Dir sicher sein, dass er dieses Gefühl für den Rest seines und Deines – Eures! – Lebens in sich tragen wird. Ein sicheres „Happy Ever After“… Aber so ist es nicht! Nichts ist sicher. Und genau das ist es. Wenn Du diesen Moment einmal hattest und Dich darauf verlassen hast, dass es die Liebe Deines Lebens ist, die immer bei Dir bleiben, Dich immer lieben, Dich immer behüten und immer verteidigen wird – komme was wolle, für den Rest Deines Lebens – dann wird es Dich härter treffen als eine Abrissbirne wenn der Tag kommt, an dem Du merkst, dass Du Dich geirrt hast. Wenn der Tag kommt, an dem dieser Mensch über Deine, vielleicht eins Eure, Türschwelle schreitet, mit dem Wissen, dass es kein Zurück mehr gibt – weder für ihn noch für Euch – dann wird es genau dieser eine Moment zwischen Euch zweien mit diesen drei Worten sein, an den Du Dich als erstes zurück erinnerst. Es wird dieser Moment voller Vertrauen, Unbeschwertheit und Intimität sein, der Dich mit jeder wiederkehrenden Erinnerung an ihn in Stücke reißt.
Ich wollte diesen Glücks-Moment früher unbedingt erleben, aber ich war bereits einmal an dem Punkt an dem ich dachte, dass mein Happy End schon feststünde – doch ich irrte mich. Und auch wenn es schon etliche Nächte her ist, als ich das festgestellt hab, etliche Monate, sogar schon Jahre, hab ich erst heute wieder festgestellt wie kaputt mich mein Irrtum gemacht hat.
Sicher ist es schön diesen einen Moment zu haben, aber ich als Pessimist sehe immer (nicht nur, aber sicher als erstes) auf die Kehrseite. Was, wenn es wieder nicht funktioniert? Werde ich dann von diesem einen Augenblick zehren und mich über Wasser halten können? Nein! Definitiv nicht! Es wird genau dieser Moment voller Liebe füreinander sein, der mich dazu bringt mir zu wünschen, dass das alles nie passiert wäre, weil ich diese Liebe dann eben nicht mehr haben kann. Da wo kein unverschämtes Glück war, kann aus dem Verlust desselben auch kein grenzenloser Schmerz entstehen, der sich in jeden einzelnen Gedanken bohrt…
Hätte, wäre, wenn und aber… Vielleicht passiert gar nichts Schlimmes und ich sollte jeden dieser Glas-Momente einfach aufsaugen und genießen weil ich viel zu lange darauf gewartet, verzichtet und wieder gewartet habe. Vielleicht hab ich aber auch Recht und es wird immer wieder schief gehen und unsagbar wehtun. Man sagt ja wer immer vom Schlimmsten ausgeht, kann nicht enttäuscht werden, aber wer immer mit Angst und in Sorge lebt etwas oder gar (zumindest gefühlt) alles zu verlieren, kann auch nie richtig gewinnen. Ist es das wert? Lieber übervorsichtig sein und nichts Schönes zulassen, weil genau das die Erinnerungen sein könnten, die bei Missglücken am meisten schmerzen? Ich denke nicht.
Ich weiß, dass auf die Fresse fallen wehtun kann, ich weiß wirklich, wirklich wie sehr. Und wie lang die Schürfwunden brauchen um zu heilen (wenn sie es denn irgendwann wirklich gänzlich tun), aber wer nicht erneut aufsteht und wagt, gewinnt eben auch nicht.

Fazit: Ich für mich hab heute herausgefunden was ein Grund für eine meiner Verhaltensweisen ist. Es hat etliche Jahre gedauert, aber mit dem Wissen kann man (ich!) dran jetzt evtl. arbeiten…. Also! Mutig sein, heißt immer wieder aufzustehen – Pflaster auf die Haut zu kleben!

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